DOMINIQUE CRENN ROCKT DIE KÜCHE IM HANGAR-7

15.03.2016

Dominique Crenn (c) Helge Kirchberger Photography Red Bull Hangar 7.
Dominique Crenn

„Women can kick ass, too!“ Man muss den Satz nicht übersetzen, um zu verstehen, was Dominique Crenn meint. Sie ist schließlich selbst der beste Beweis dafür. Als erster weiblicher Küchenchef in den USA wurde sie mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. In ihrem Atelier Crenn in San Francisco zelebriert die gebürtige Französin eine moderne Haute Cuisine, die so leger wie die Kunst und so präzise wie die Wissenschaft funktioniert – und das gänzlich ohne Widerspruch.

Bis Ende März wird Dominique Crenn noch als Gastköchin das Zepter in der Küche des Restaurant Ikarus im Salzburger Hangar-7 schwingen.

Ihre oft wilde Frisur, die lässige Kleidung und der tätowierte Unterarm würden perfekt auf ein Rockstar-Poster passen. Ihr perfektes Äußeres, gepaart mit starkem Charisma, ließe wohl auch so manche Hollywood-Schauspielerin neben ihr erblassen. Eine Begegnung mit Dominique Crenn erweckt viele Assoziationen, dass sie eine erfolgreiche Küchenchefin ist, würde aber wohl kaum jemand vermuten, der ihr zum ersten Mal gegenübersteht.

Mit Schubladen kann Dominique Crenn aber ohnehin wenig anfangen. Sie ist schließlich auch nicht „nur“ eine Köchin, sondern auch Bastlerin, Wissenschaftlerin und vor allem Künstlerin. Und genauso vielschichtig wie sie selbst ist auch ihr Restaurant, das nicht zufällig den Namen Atelier Crenn trägt. Ein offener Ort, an dem die Kunst und das Kochen zelebriert werden. Ein Ort, an dem sie gemeinsam mit einem kleinen Team ihre Visionvon moderner, handwerklich präziser, nachhaltiger und saisonaler Haute Cuisine verfolgt. So gibt es etwa bei Dominique Crenn keine herkömmliche Menükarte. Lieber beschreibt sie ihre „Tasting Menus“ mit einem selbst verfassten Gedicht – eine Zeile für jeden Gang. Und die Gerichte, die sie wie herrliche Stillleben auf den Tellern arrangiert, tragen Namen wie „Spaziergang im Wald“ oder „Das Meer“.

Die Poesie ist für sie der perfekte Weg, um ihre persönliche Beziehung mit ihren Speisen zum Ausdruck zu bringen. „Essen muss für mich von innen kommen“, erklärt sie. „Es geht um Transparenz, Authentizität und die Botschaft, die du dem Gast damit vermitteln möchtest.“ Aus ethischen Gründen findet man deshalb in ihren Menüs auch kaum Fleisch. Meeresfrüchte und Gemüse verwendet sie dagegen überaus gerne.

So offen und unkonventionell Dominique Crenn sich der gehobenen Gastronomie auch nähert – in der Küche bearbeitet ihr Team die Zutaten so präzise wie in einem wissenschaftlichen Labor. Bei der Kreation der Speisen setzt Crenn sich und ihren Köchen wiederum bewusst keine Grenzen. Geschmäcker und Techniken werden beliebig gemixt – mit dem einzigen Ziel, den Gästen ein neues, alles übersteigendes Geschmackserlebnis zu bieten.

In der Praxis entstehen dadurch kulinarische Kunstwerke wie „Trout Marmitako“, Crenns außergewöhnliche Annäherung an ein klassisches baskisches Gericht: mit exakt drei Tage lang getrocknetem Fisch und einem Kompott aus traditionellen Tomatensorten, die geschält und 24 Stunden lang dehydriert wurden, um einen noch intensiveren Geschmack zu erlangen. Die beiden Hauptzutaten sind in Kombu-Seetang, getrockneter Petersilie und dünnen, ebenfalls dehydrierten Knoblauch-Kartoffelscheiben eingebettet.

Wenngleich Schubladen wie erwähnt unerwünscht sind, drängen sich bei derart ausgeklügelten Kreationen natürlich Assoziationen mit der Molekularküche auf. Dem widerspricht Crenn auch gar nicht, merkt aber an: „Wir probieren schon gerne etwas Neues aus, aber wir manipulieren nicht einfach die Dinge, ohne das eigentliche Produkt auf den Teller zu bringen. Wer bei uns Pilze schmeckt, hat auch Pilze im Mund. Manche sind vielleicht getrocknet oder anders bearbeitet – aber es sind Pilze.“

Geboren und aufgewachsen in Frankreich, bezeichnet sich Dominique Crenn selbst als eine Autodidaktin am Herd. Ihr früh verstorbener Vater war ein französischer Politiker, Maler und angesehener Restaurantkritiker. Von ihm erbte sie nicht nur die künstlerische Ader, sondern lernte bei gemeinsamen Reisen zu den besten europäischen Restaurants auch die subtilen Nuancen und einzigartigen Geschmäcker qualitativ hochwertiger Zutaten zu schätzen.

Ihre formale Lehre als Köchin begann Crenn nach ihrem Umzug nach San Francisco Ende der 1980er-Jahre. Während dieser Zeit arbeitete sie unter anderem im Restaurant Stars unter Jeremiah Tower und Mark Franz. 1997 wechselte Crenn für ein Jahr nach Indonesien und schrieb in der Küche des International Hotels in Jakarta kulinarische Geschichte als erster weiblicher Executive Chef des Landes.

Nach ihrer Rückkehr in die USA arbeitete sie acht Jahre lang als Executive Chef im Manhattan Country Club in Manhattan Beach und als Opening Chef im Abode Restaurant & Lounge in Santa Monica. Zurück in San Francisco, übernahm Crenn als Küchenchef das Restaurant Luce im Intercontinental Hotel, wo sie 2009 mit ihrem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet wurde.

Der starke Wunsch, endlich ihr eigenes, zutiefst persönliches Projekt in die Tat umzusetzen, führte im Jahr 2011 schließlich zur Eröffnung des Atelier Crenn. Eine Entscheidung, die den Namen Dominique Crenn endgültig in die höchsten Sphären der US-amerikanischen Kulinarik katapultieren sollte. Nur ein Jahr nach der Eröffnung wurde Crenn die erste Frau in den USA, deren Arbeit mit zwei Michelin-Sternen geehrt wurde. Daneben erlangte Crenn durch Auftritte im Fernsehen auch größere nationale und internationale Aufmerksamkeit, etwa durch ihren Sieg in der TV-Kochshow The Iron Chef.

zurück