Formel 1 in Spielberg: Warten auf das große Comeback

07.06.2014

Wildwechsel am Ring
„Das muss ich dir zeigen. Wenn du das siehst, glaubst du nicht, dass wir hier einmal Formel 1 gefahren sind“, kichert Gerhard Berger, als er auf den alten Westteil des Österreichrings einbiegt. „Hier ging’s bergauf, volles Geschäft, dann eine Schikane, das sogenannte Hella-S, dann nach hinten in die Flatschach-Kurve, fast voll bergauf rechts, keine Auslaufzonen, dann kam das Beste: die Schönberg-Gerade – ewig lang, leicht bergab, Bodenwellen. Am alten Österreichring bist du millimeterknapp an den Leitschienen entlanggefahren, auch damals schon mit 350, 360 km/h. Wir haben uns nichts dabei gedacht. Heute sagst du: Geht’s noch? Nicht nur einmal, dass das Training unterbrochen werden musste, weil irgendwo ein Tier auf der Strecke war, eine Kuh oder ein Reh.“

Das pure Fahrgefühl. 
Gerhard sitzt in seinem 1988er-Ferrari, mit dem er 10 der 16 Rennen der Formel-1-Saison des Jahres 1988 bestritten hat. Startnummer 28 wird von denselben drei italienischen Mechanikern betreut, mit denen Gerhard schon damals gearbeitet hat. Es ist ein großes Hallo, als der V6-Biturbo erwacht. Gerhard klettert ins Cockpit. Der Schalthebel liegt rechts bei Gerhards Knie, es gibt ganz normal drei Pedale, und von einer Servolenkung konnte man 1988 auch nur träumen. „Ich entdecke grad eine Liebe zu dem alten Zeug. Wenn das fährt, dann ist das toll: der Turbo, die manuelle Schaltung, das pure Fahren“, strahlt Berger.

Als Motoren noch Lärm machten. 
„Und jetzt du“, sagt Gerhard. Sebastian klettert in den Ferrari. „Befremdlich! Die Schultern sind im Freien. Zum ersten Mal kann ich die Berge an der Strecke sehen! Die Beine zeigen nach unten statt wie in heutigen Autos nach oben.“ Sebastian fährt weich an, rollt los, verschwindet und kommt ganz lang nicht wieder. Als er schließlich in die Boxengasse knattert und den Helm abnimmt, wirkt er wie jemand, der von einer wunderschönen Bergtour zurückkommt, mit strahlenden Augen und einem Grinsen von Ohr zu Ohr: „Das ist so pur, so direkt! Wegen der fehlenden Downforce kommst du zwar auf keine Kurvengeschwindigkeiten, aber wurscht, Power hat’s genug. Das macht richtig Spaß. Hammer!“

Große Vorfreude. 
Noch lange werden in der Box Meinungen ausgetauscht und Geschichten erzählt. Die Leidenschaft zum Motorsport ist bei beiden Generationen deutlich spürbar – ebenso wie die Vorfreude auf den „Heim-Grand-Prix“ in Spielberg: „Das Rennen in Österreich war schon immer etwas Besonderes“, sagt Gerhard versonnen, noch immer im Overall, als wollte er die Zeit anhalten. „Ich freu mich schon“, sagt Sebastian. „Schön, dass wir wieder hier sind.“

Legenden geben Gas. 
Beim Formula 1 Großer Preis von Österreich 2014 wird nicht nur Sebastian Vettel seine Runden am Red Bull Ring drehen. Die neun noch lebenden österreichischen Formel-1-Piloten werden mit den Originalboliden ihrer aktiven Karriere bei der Legends Parade an den Start gehen: Helmut Marko (1972 BRM P160b), Dieter Quester (1974 Surtees TS16), Niki Lauda (1976 Ferrari 312T2), Hans Binder (1976 Williams FW05), Gerhard Berger (1988 Ferrari 88C), Karl Wendlinger (1995 Sauber C14), Alexander Wurz (1998 Benetton B198), Patrick Friesacher (2005 Minardi PS04) und Christian Klien (2005 Red Bull Racing RB1). Die Legends Parade startet am Sonntag, 22. Juni, um 12:40 Uhr. Die Rennautos aus Vierjahrzehnten gibt es bereits ab Donnerstag im F1 Village aus nächster Nähe zu bestaunen.

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